Ja, ja, das leidige Thema Medikamente...
Fast alle Neuankömmlinge möchten zuallererst mehr Informationen über Wirkung und Dosierung der Medikamente erhalten. Diese Neugier ist sehr verständlich. Da jedoch die alteingesessenen Gruppenmitglieder schon sehr oft an Diskussionen zu diesem Thema teilgenommen haben, macht sich diesbezüglich eine nachvollziehbare Müdigkeit breit. Daher verschieben wir dieses Gespräch meist auf den im Anschluss stattfindenden Kneipenbesuch im "Ganghofer", ganz in der Nähe des Selbsthilfezentrums.
Trotzdem möchte ich euch im Vorfeld einige Informationen über die einzelnen Medikamente liefern. Bitte beachtet, dass es keine einheitliche Meinung zu diesem Thema in der Gruppe gibt und jeder auf seine eigene Art und Weise damit umgeht. Die Einnahme oder Nichteinnahme von Medikamenten bilden also keine Grundvorraussetzung für den Besuch der Selbsthilfegruppe.
So viel möchte ich dazu sagen: Die öffentliche Diskussion, die über das Thema Medikamente geführt wird, findet meiner Meinung nach auf einer Basis von Ignoranz und Undifferenziertheit statt. Sie spiegelt meist nicht die Erkenntnisse und Meinungen von Wissenschaftlern und Ärzten wider. Viele Maßnahmen, die dazu dienen, das ADHS in den Griff zu bekommen, fußen auf der Einnahme von Medikamenten und/oder sind ohne sie kaum durchführbar. Lasst euch also diesbezüglich nicht zu sehr von entsprechenden Zeitungsartikeln beeinflussen und bildet euch ganz unvoreingenommen eure eigene Meinung! (Auch meine am Anfang diese Abschnitts geäußerte Meinung sollte dabei keine Rolle spielen!)
Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen den einzelnen Wirkstoffen (Methylphenidat, Amphetamine...) und ob es sich um kürzer- oder langwirksame (retardierte) Medikamente handelt. Viele Präparate sind nur für Kinder zugelassen, so dass sie von den Ärzten "off label", also ohne sich an die Packungsbeilage zu halten, verschrieben werden müssen und die Kosten der Patient selbst übernimmt. Jedoch wurde im April 2011 erstmals ein retardiertes (wirksam über einen längeren Zeitraum) Medikament von Medice "Medikinet adult" für Erwachsene zugelassen, Novartis zog mit "Ritalin adult" 2014 nach. Diese Medikamente erhaltet ihr über ein Kassenrezept von auf ADHS spezialisierte Ärzten. Jedoch müssen diese erst anhand eines umfangreichen Tests ermittelt haben, dass ihr auch tätsächlich betroffen seid.
Ob und wie die Medikamente wirken, ist individuell verschieden. Manche spüren gar nichts und setzen diese schon bald wieder ab, die anderen erleben eine regelrechte "Explosion" im Kopf und können sich zum ersten Mal in ihrem Leben richtig konzentrieren. Auch hängt die Wirksamkeit manchmal vom Präparat (auch wenn derselbe Wirkstoff verwendet wir, unterscheiden sich die Trägersubstanzen) oder vom Wirkstoff (Methylphenidat, Amphetamine...) ab. Wichig ist jedoch zu wissen, dass es sich hierbei nicht um "Wunderpillen" handelt, sondern diese dem ADHSler lediglich ermöglichen, auf gewisse Vorgänge im Leben positiv einzuwirken und diese zu regulieren. Meist ist eine begleitende Therapie dabei unumgänglich.
Obwohl sehr viel in der Öffentlichkeit über die Nebenwirkungen geschrieben wird, so halten sich diese bei längerer Einnahme in Grenzen. Anfängliche Mundtrockenheit, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit verschwinden meist nach kurzer Zeit und können gerade in den ersten Wochen durch die gleichzeitige Gabe von Traubenzucker häufig gemindert werden.
Über die wichtigsten Medikamente könnt ihr euch hier informieren.